Kategorie Innovation & Technologie - Vor 4 Tagen
Staub zu Stahl: Recycling von Metallstaub als Rohstoffquelle in der Steiermark
Wo gehobelt wird, da fallen Späne und wo Metall gegossen und bearbeitet wird, da gelangt gesundheitsschädlicher Metallstaub in die Luft. Bei der Herstellung von einer Tonne Stahl fallen bis zu 40 Kilogramm Stäube an. Sie enthalten zahlreiche Metalle, darunter Chrom, Nickel und Zink. Das ist nicht nur ein ökologisches Problem, sondern verursacht den Gießereien auch hohe Kosten. Die Aufarbeitung des Staubes ist jedoch sehr schwierig, eine Deponierung meist problematisch und teurer. Die mit dem Metallstaub anfallenden wertvollen Elemente und Verbindungen sollen nun durch ein neues Verfahren wieder für industrielle Anwendungen nutzbar gemacht werden. Das schont die Umwelt und lässt neue Rohstoffkreisläufe entstehen.
Das neueste Konzept zur nachhaltigen Metall-Rückgewinnung aus Stäuben der Edelstahlindustrie wurde nun vom Technologiekonzern Andritz in Graz vorgestellt. Entwickelt wurde es mit der Montanuni Leoben und der voestalpine, die hier auch als COMET-Kompetenzzentrum K1-Met eines der führenden internationalen metallurgischen Kompetenzzentren für Eisen- und Nichteisenmetallurgie mit Sitz in Österreich fungieren, welches wiederum vom Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) via FFG gefördert wird.
Kreislaufwirtschaft in der Metallindustrie
Hinlänglich bekannt ist, dass die Metallproduktion zu den energieintensivsten Industriesektoren gehört. Es ist daher nicht verwunderlich, dass durch den Klimawandel, Rohstoffknappheit, sinkende Deponiekapazitäten und erhebliche Entsorgungskosten in diesem Sektor ein gesteigertes Interesse an Rückgewinnungskonzepten für Sekundärrohstoffe der Eisen- und Stahlproduktion hervorrufen. Die Verfahren zur Rückgewinnung von Metallen und anderen wertvollen Materialien sind jedoch aufwendig.
In sogenannten pyrometallurgischen Verfahren werden metallische von nichtmetallischen Materialien durch hohe Temperaturen von 800 bis 1.500 Grad Celsius getrennt. Dabei verschmilzt die Masse zu einer Legierung, die die gewünschten Metalle wie Eisen, Chrom, Nickel, Zink und andere enthält. Um diese Wertstoffe sauber zu trennen, bedarf es noch weiterer Verfahren. Das verschlingt sehr viel Energie. Weniger Energie ist für das hydrometallurgische Verfahren nötig. Hier wird das metallische Ausgangsmaterial bzw. die Stäube in Säure getaucht, um Metalle zu lösen. Mittels weiterer Prozesse wie beispielsweise der Elektrolyse können die Metalle getrennt und gereinigt werden.
„Wir müssen die Technologien verbessern und noch stärker an Lösungen des Circular Engineering denken, damit wir die Herausforderungen, vor denen die heimische Industrie steht, bewältigen können“, betonte der Vizerektor für Forschung und Nachhaltigkeit der Montanuniversität Leoben, Helmut Antrekowitsch. Andritz arbeite intensiv daran, Nebenprodukte der Metallproduktion nicht als Abfall, sondern als Ressource und Chance zu sehen. „Dazu brauchen wir die starken universitären Einheiten, die uns dabei helfen, die Kreislaufwirtschaft durch innovative, nachhaltige Lösungen voranzutreiben“, so Arthur Stingl, Senior Vice President Processing Lines and Strip Furnaces bei Andritz. In den vergangenen zwei Jahren hat der Technologiekonzern mit Sitz in Graz gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie der Montanuni Leoben, dem Kompetenzzentrum K1-Met und der voestalpine an einer energieeffizienten hydrometallurgischen Rückgewinnung von Wertmetallen geforscht.
Dabei wurden zunächst die Stäube der Edelstahlproduktion charakterisiert. „Dann haben wir evaluiert, welches der verschiedenen Laugungsmedien – u. a. Salzsäure, Essigsäure und Zitronensäure – am besten funktioniert, um Chrom, Nickel und Zink aus dem Stahlwerkstaub zu gewinnen“, wie Stefan Steinlechner, Projektleiter vom Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie, schilderte. Das Rennen machte die Salzsäure. „Im Zuge der Versuche zur Optimierung der Extraktion zeigte sich, dass für Chrom Extraktionsraten von rund 70 Prozent und über 95 Prozent für Zink und Nickel erzielt werden konnten“, wie Steinlechner ausführte. Als nächste Schritte nannte er die Evaluierung der Wirtschaftlichkeit und das Upscaling.
Franz Rotter, Präsident der Austrian Society for Metallurgy and Materials (ASMET), die ebenfalls an diesem Projekt beteiligt ist, sieht in der Kreislaufwirtschaft eine strategische Chance für die heimische Industrie: „Zusätzlich wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen gestärkt, da wertvolle Rohstoffe nicht teuer deponiert werden müssen, sondern wieder im Prozess kostengünstig einsetzbar sind.“
apa/red