Kategorie Innovation & Technologie - Vor 4 Tagen
Quantensprung: Grünes Licht für Europas erste Ionenfallen-Chip-Pilotlinie
Meilenstein für den Fortschritt in der Fertigung von Quantentechnologien und Stärkung von Europas Technologie-Souveränität
Ionenfallen sind Geräte, die elektrische oder magnetische Felder verwenden, um Ionen, also geladene Atome oder Moleküle, zu speichern und zu manipulieren. Abhängig von Art und Stärke der einwirkenden Felder kann man gezielt Ionen einer bestimmten Masse „gefangen“ halten, gleich einer Schmetterlingsfalle also, wo – sehr vereinfacht gesagt – je nach Größe der Netzmaschen etwas hindurchfliegen oder hängenbleiben kann. Ionenfallen sind auf diese Weise vielseitige Werkzeuge, die in verschiedenen Bereichen von Wissenschaft und Technik eingesetzt werden, aber insbesondere in der Quantentechnologie eine besondere Rolle spielen.
Inzwischen ist die Wissenschaft soweit, solche Ionenfallen auf mikrostrukturierten Oberflächen wie Chips anzuwenden. Die Integration elektronischer und optischer Bauteile direkt auf der Falle sollen es künftig ermöglichen, kompakte und robuste Plattformen für Quantenanwendungen zu realisieren.
Um weitere Innovationen im Bereich dieser Ionenfallen-Chips voranzutreiben, wurde nun ein sogenanntes Framework Partnership Agreement für Europas erste Ionenfallen-Chip-Pilotlinie unter dem EU Chips Act vom Chips Joint Undertaking (Chips JU) positiv bewertet. Die Initiative CHAMP-ION (Championing a European advanced manufacturing pilot line of ion-traps / Förderung einer fortschrittlichen, europäischen Pilotlinie für die Herstellung von Ionenfallen) unter Leitung der Silicon Austria Labs (SAL) hat damit grünes Licht bekommen, um „ein nachhaltiges und skalierbares Pilotliniennetzwerk“ in der EU aufzubauen. Dadurch soll nach Angaben des Konsortiums auch „das europäische Chips-Ökosystem gestärkt“ werden, um eine qualitativ hochwertige, industrielle Massenproduktion zu ermöglichen.
21 Unternehmen und Forschungsinstitutionen aus sechs europäischen Ländern bringt das Projekt zusammen. Dieser Zusammenschluss soll die Erarbeitung eines umfassenden Konzepts für die „Weiterentwicklung der gesamten Wertschöpfungskette hin zu einer hochwertigen Fertigung – vom Design über das Chip-Packaging bis hin zur Bereitstellung von Fertigungsdienstleistungen für Industriepartner“ ermöglichen. Ziel des Konsortiums ist es, voll-integrierte, validierte und skalierbare Ionenfallen mit integrierter Elektronik und photonischen Strukturen auf einem Chip zu erzeugen.
Europas Führungsrolle in den weltweiten Quantentechnologien
Mehrere konkrete und realistische Anwendungsfälle aus den verschiedenen Bereichen der Quantentechnologien werden damit gefördert: Quantencomputer, Quantensensorik und Quantenkommunikation. Innovationsminister Peter Hanke sieht in Schlüsseltechnologien wie den Quantenwissenschaften für den Innovationsstandort Österreich eine bedeutende Rolle. „Schon jetzt hat unser Land hier eine weltweit führende Rolle, die wir mit gezielten Investitionen weiter ausbauen wollen.“ Die Teilnahme von fünf österreichischen Organisationen an der europäischen Initiative CHAMP-ION, unter der Leitung von Silicon Austria Labs, sei ein weiterer „wichtiger Meilenstein“ zur Absicherung Österreichs in der internationalen Quantenforschung und der Entwicklung praktischer und marktreifer Anwendungsmöglichkeiten. „Davon profitiert auch die österreichische Wirtschaft, denn ein wettbewerbsfähiger Industriestandort ist untrennbar mit einem starken Innovationsstandort verbunden“, so Hanke.
Für Christina Hirschl, Geschäftsführerin von SAL, stärkt die CHAMP-ION-Initiative Europas Führungsrolle in den weltweiten Quantentechnologien: „Es ist inspirierend zu sehen, wie durch europäische Innovationen eine solch hochwirksame Initiative vorangetrieben wird. Diese Zusammenarbeit wird wesentlich zu Europas technologischer Souveränität und wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit beitragen und gleichzeitig ein starkes, grenzüberschreitendes Ökosystem fördern, das zukünftige Fortschritte in der Quantentechnologie unterstützt.“
„Mit dieser Pilotlinie wird die europäische Expertise im Bereich von Ionenfallen für die skalierbare Quantenchipproduktion gebündelt“, ergänzt Mohssen Moridi, Senior Director bei SAL. „Als Main Hosting Site sind wir besonders stolz, Prozesse zu entwickeln, die den industriellen Standards entsprechen. Diese Initiative verkörpert die Ambitionen Europas, eine verlässliche Lieferkette für Quantentechnologien aufzubauen.“
Die Initiative CHAMP-ION wird die Unabhängigkeit von internationalen Lieferketten durch die gemeinsamen Mittel der EU-Länder und der Europäischen Union stärken. Die Kooperation ist für alle Hochtechnologiestandorte von entscheidender Bedeutung, vor allem auf dem vielversprechenden Gebiet des Quantencomputings mit Ionenfallen.
Zusammenarbeit in ganz Europa
Das Konsortium besteht aus:
- Forschungs- und Technologieorganisationen: Silicon Austria Labs (SAL), Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Institute of Scientific Instruments of the ASCR ISI, Technical Research Centre of Finland (VTT), International Iberian Nanotechnology Laboratory (INL) und das National Metrology Institute of Italy (INRIM)
- Universitäten: Universität Innsbruck, Gottfried Wilhelm Leibnitz Universität Hannover, Universität Siegen, Johannes Gutenberg Universität Mainz, Universität Padua und die Palacky Universität Olomouc
- KMUs: Alpine Quantum Technologies GmbH, neQxt GmbH, eleQtron GmbH, QUDORA technologies GmbH, Parity Quantum Computing GmbH und AMIRES Business Innovation Management Institute, z.ú.
- Großunternehmen: Infineon Technologies Austria AG, Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG, Infineon Technologies AG
Das Framework Partnership Agreement markiert den entscheidenden Schritt, Europas Fähigkeiten im Bereich der Quantentechnologien voranzutreiben und eine robuste, souveräne technologische Zukunft für Europa zu sichern.