Kategorie Innovation & Technologie - 8. April 2025
Wie Drohnen autonom fliegen lernen
Training eines KI-Algorithmus findet „live“ auf der fliegenden Drohne statt – Möglicher Einsatz etwa bei der Inspektion von schwer erreichbarer Infrastruktur wie Brücken und Strommasten
Auf einem freien Feld könnten Drohnen schon selbstständig navigieren – Autonomes Fliegen ist aber bei komplexen Anwendungen und Umgebungen oder an Orten, wo kein ausreichendes GPS-Signal vorhanden ist, noch nicht möglich. Da setzt ein Forschungsteam um Jan Steinbrener von der Universität Klagenfurt an: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) lernen Drohnen, ähnlich wie Lebewesen, sich nach und nach in ihrer Umgebung zurechtzufinden und Flugmanöver auszuführen.
Eine große Herausforderung dabei ist, dass jegliches autonom navigierendes System immer ganz genau wissen muss, wo es sich befindet, sagte Steinbrener, Leiter des vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekts, im APA-Gespräch. Ein GPS-Signal hat hingegen eine Genauigkeit von zwei bis drei Metern – keinesfalls ausreichend für einen sicheren Flug in der Nähe von Häusern oder kritischer Infrastruktur. Außerdem können Drohnen schnell instabil werden, weswegen sie für einen ruhigen Flug sehr häufig ihre Position abschätzen müssen.
Bei Kamerabildern alleine wäre für einen stabilen Flug eine Berechnung der Position hundertmal pro Sekunde notwendig. Der kleine Rechner auf der Drohne schafft es hingegen nur, die Bilder etwa zehnmal pro Sekunde auszuwerten. Deswegen werden sie mit Beschleunigungssensoren kombiniert. „Das sind einfache Sensoren, die kleine, leicht zu verarbeitende Datenmengen zur Verfügung stellen – da die Daten normalerweise aber auch qualitativ schlecht sind, führt das dazu, dass die Genauigkeit der Berechnung mit der Zeit rapide abnimmt“, so Steinbrener.
Da kommt der KI-Algorithmus ins Spiel: Das System soll die Ungenauigkeit der Beschleunigungsdaten reduzieren und fungiert sozusagen als Filter für Störfaktoren. Auf der anderen Seite können die Algorithmen auch dabei helfen, zu dunkle oder verwaschene Kamerabilder besser zu analysieren.
Erfolgreiches „Live-Training“
Das Training der Algorithmen wird nicht, wie oft üblich, mit einem leistungsstarken Computer und vorher aufgenommenen Daten durchgeführt, sondern „live“ auf den Drohnen. „Ein Kleinkind erlernt auch erst nach und nach, wie es seinen eigenen Körper nutzen kann, um sich in der Welt zurechtzufinden“, so der Forscher. Auf ähnliche Weise sollen die Algorithmen lernen, wie sie bei der Navigation helfen können. Um die fragilen Geräte zu schützen, wurden sie bei den ersten Flugversuchen mit einem Kabel vor Abstürzen gesichert.
- Für Trainingszwecke angepasste Drohne © Daniel Siebenhofer
- Drohne vor dem Trainingsflug, gesichert per Seil und Sturzmatte. Im Hintergrund der Sicherheitskäfig für den „Operator“. © Daniel Siebenhofer
Aktuell schafft es die Drohne schon, autonom ohne viel Bewegung zu schweben und die Ergebnisse der Beschleunigungssensordaten sind besser als bei „klassischen“ Ansätzen, so Steinbrener weiter. Das „Live-Training“ der Algorithmen auf diese Weise durchgeführt zu haben, sei schon ein großer Erfolg. Als nächsten Schritt planen die Forschenden, kompliziertere Flugmanöver mithilfe der KI zu stabilisieren.
Der Vorteil davon ist Flexibilität bezüglich des verwendeten Drohnemodells. „Es wäre extrem aufwendig, von jeder unterschiedlichen Drohne sehr viele Daten aufzunehmen, auf einem großen Rechner zu trainieren und dann umzusetzen – mit unserer Vorgangsweise könnte der Algorithmus für ein paar Minuten auf dem jeweiligen Modell trainiert werden und wäre dann einsatzbereit“, erklärte Steinbrener.
Anwendungsbereiche gäbe es laut dem Forscher viele: von der Inspektion von schwierig zu erreichender, kritischer Infrastruktur wie Strommasten oder Brücken über die Suche von vermissten Personen in weitläufigen Gebieten bis hin zum kontinuierlichen Monitoring großer Gebiete, etwa in der Landwirtschaft.
Für spezielle Anwendungen, insbesondere in Innenräumen, könnte das System in absehbarer Zeit verfügbar sein. Komplizierter sei das im Freien: Dort sind auch aus regulatorischer Sicht noch viele Fragen offen. Aus technischer Sicht sei man aber auf einem guten Weg. „Ich hoffe, dass wir in Außenbereichen in wenigen Jahren so weit sind – auch was die Regularien angeht“, resümierte Steinbrener.